04.5. - 13.5.2013
Teilnahme am
Vuurschepenrace und North Sea Race

(Scheveningen - Harwich; Harwich - Scheveningen)





Vorbemerkungen
Durch die erfolgreiche Teilnahme im letzten Jahr an der „Rund Skagen“ Regatta war eine weitere Hypothek aus der Vergangenheit getilgt worden (Regatten, bei denen wir in der Vergangenheit mit CHOU CHOU DNF -did not finish- hatten).
Als verbliebene Hypotheken standen aber noch die Regatta Scheveningen - Harwich (DNF im Mai 1997) und die Regatta Delfzijl - Larvik/Norwegen (Colin Archer Memorial Race, kurz CAM Race; DNF Juli 1998) in den Büchern.
Da das CAM Race erst wieder in 2014 gestartet wird, war es naheliegend, die Regatta Scheveningen - Harwich in das JAZARA Segelprogramm 2013 aufzunehmen. Vorbedingung für die Teilnahme war eine vollständige 6-Mann Besatzung, die sich im Spätwinter (Ende März) herauskristallisierte. Für das Unternehmen hatten sich letztendlich Sabine, Uli, Jörg, Reinhold, Enrico und ich (HaJo) als Skipper verpflichtet. Alle waren davon ausgegangen, dass zu Ostern alle Winterarbeiten erledigt und nach einem intensiven Trainingswochenende JAZARA Ende April ohne Zeitdruck nach Scheveningen überführt werden könnte. Wir hatten die Rechnung allerdings ohne den anhaltenden froststarken Winter gemacht. Am 18.04. kam JAZARA mit beschränkter Ausrüstung und Vorbereitung ins Wasser (u.a. fiel das beliebte Polieren für die Crew aus) und wurde von Michael, Uli und mir von Elburg nach Lelystadhaven gesegelt. Das notwendige Training und Trimmen fiel am 27./28.04. aus. Letzte Instandsetzungen wurden an dem Termin von Reinhold, Enrico und mir erledigt. Auch war keine Überführungscrew anschließend verfügbar, so dass die Regattacrew (ohne Sabine) sich bei den üblichen SW 5-6 am 04.05. um 13:50 Uhr auf die Kreuz in Richtung Amsterdam machte.

Samstag 04.05.
13:50 Lelystadhaven abgelegt, zähe Kreuz bei später 6Bft aus SW, Schauerböen (wenigstens etwas Training für die Nordsee). Wir erreichen groggy um 19:30 den Sixthaven in Amsterdam und speisen an Bord und begeben uns zeitig zur Ruhe.

Sonntag 05.05.
6:45 Ablegen, damit wir am späten Vormittag die ablaufende Tide nach Scheveningen erreichen. Der Plan geht auf, wir passieren um 9 Uhr die Schleuse von Ijmuiden und sind 9:20 segelnd auf der Nordsee. Ich konnte auf dem Nordseekanal im aufgehenden Sonnenschein die frisch aus der Werft entgegenkommende ALBATROS begrüßen, mit der ich noch vor gut 6 Wochen vor der westafrikanischen Küste auf einer Kreuzfahrt der „anderen“ Art war. Das Wetter meint es gut mit uns, 3-4 Bft aus West bringen uns unter Genua 3 und Groß zügig voran und wir erreichen bei sommerlichen 22° den Yachthafen von Scheveningen, wo schon einige Mitbewerber festgemacht liegen (meist unbemannt). Wir machen uns mit der Umgebung vertraut und beschäftigen uns mit der Regattaplanung.

Montag 06.05.
Ein sonniger Tag , die Sicherheitskontrolle ergibt, dass der Peilkompass und die separate zusätzliche Navigationsbeleuchtung fehlen. Ein Handy mit Kompassfunktion wird akzeptiert. Danach erfolgt die komplizierte Registrierung. Als einzige teilnehmende deutsche Yacht bleibt uns die Vorlage einer Lizenz für jedes Crewmitglied erspart (eine gute Idee, die auch in Deutschland die Meldezahlen zu den Seeregatten noch etwas senken könnte) Wie ist das gemeint???. Gegen Mittag trifft Sabine ein. Wir sind damit komplett. Die jährliche Sicherheitseinweisung wird durchgeführt und die Mitsegelvereinbarung unterzeichnet. Nachmittags ist der Hafen wie ausgestorben (viele Regattayachten, aber keine Crew - man schläft wohl zuhause). Wir genießen das schöne Wetter und machen einen Ausflug zum Strand (Wassertemperatur 11°) und schließen den Tag mit einem opulenten Mahl in einem Restaurant an der Hafenkade ab.

Dienstag 07.05
Plötzlich ist Leben im Hafen. Auf allen Schiffen wird gewerkelt, besonders bei unserem Nachbarlieger, einer Dufour 40. Ein Elektrohobel wird in Gang gesetzt und kurzerhand die hölzerne Reelingsfußleiste auf Deckniveau reduziert. Die Arbeit wird vom zwischenzeitlichen Regatta-/Wetter-Briefing unterbrochen. Der aktuell östliche Wind soll in der Nacht abnehmen und aus Südwest zurückkommen und zunehmen. Wir sind gut präpariert und können, nachdem die Hobelorgie beendet ist, Kraft in einer Nachmittagsruhe auftanken. 17:30 verlassen wir unseren Liegeplatz und absolvieren bei NO 3-4 einige Trimmschläge in Nähe der Startlinie (es sind unsere ersten gemeinsamen Wenden in diesem Jahr).
19:10 ist unser Start, der zufriedenstellend auf der Pin-Seite verläuft. An der Luvtonne sind wir zweites Boot und wir halten diese Position abfallend auf die Houtrust Tonne unter problemlos gesetztem Spi (asym.). Es ist auch das erste Spimanöver der Saison. Auch die anschließenden Halsen bei abnehmendem Wind 2-3 klappen gut, nur die führende BLUE JAY, eine Standfast 43 (mit günstigerem Rating!), fährt uns weg in Richtung North Hinder. Inzwischen stellen wir fest, dass unsere Dreifarbenleuchte nicht funktioniert. Auch die Überprüfung der Anschlüsse (außer am Masttop) löst nicht das Problem. Wir fahren daher mit der stromschluckenden Navigationsbeleuchtung auf Deckhöhe.

Mittwoch 08.05.
Nachdem wir North Hinder passiert haben, schläft der Wind ein. Nebel kommt auf und wir haben kein Schiff mehr in Sichtweite. Das Szenario wird noch unwirklicher, dumpfe Schallsignale von vorbeiziehenden Frachtschiffen klingen gespenstisch, aber AIS beweist sich in dieser Situation als eine beruhigende und unverzichtbare Hilfe . Wir können den Kurs der Frachter identifizieren, aber auch unseren erratischen Kurs miterleben. Wir treiben im Kreis und zurück, dabei verlieren wir den Kontakt zur wenige Meilen südlich befindlichen SY KNOTS (Sun Fast 35; etwa unser Rating), die weiterhin Fahrt zum Ziel macht und können die entstehende Lücke bis zum Ziel auch nicht mehr schließen. Nach der ca. 2stündigen Flautenphase kommt der Wind aus SW zurück, zunächst 2-3 später 4-5 und bis zu 6 kurz vor Harwich. Abfallend auf Outer Gabbard muss der Spi herunter.

Gegen 14 Uhr erreichen wir North Shipwash und haben nun eine Kreuz auf den Shipway in Richtung Harwich mit entgegen laufender Tide. Dadurch wird die Lücke zu den vor uns liegenden Schiffen größer und zu den uns folgenden etwas kleiner (wie auch schon auf den Schenkel zuvor). Zum Schluss wird es noch einmal spannend: eine Reihe von Frachtern behindert unser Queren des Deep Water Channel. Auch hätten wir bei den jetzt 6Bft ein Reff gebrauchen können. Aber wir kämpfen uns durch und queren die Ziellinie um 18:59 nach genau 23 h 49 min Fahrt. Auf unserem AIS sehen wir, dass die restlichen Teilnehmer unserer Gruppe mit deutlichem Abstand folgen. Nachdem wir die Container Pier von Felixstowe passiert haben, betreten wir eine andere Welt - den River Orwell - Hügel mit Herrenhäusern und alten Eichen säumen das malerische Flussbett, das durch Muringlieger in Buchten aufgelockert wird. Wir passieren Pinmill mit dem Butt and Oyster Pub - ein Panorama wie von Constable - und erreichen wie beschrieben den Hafen des Royal Harwich Yacht Club. Die Stege sind alle belegt und auf dem beschriebenen Meldekanal meldet sich niemand. Auch per Telefon bekommen wir keinen Kontakt. Die großen Yachten sind wohl im Hafen, die „zu spät“ gekommenen Kleinen sollen wohl selbst zusehen wo sie bleiben. Nach einem kurzen Anlegen im dreier Päckchen außen im Strom, wo wir schon jetzt unruhig liegen und weil für den nächsten Tag stürmischer Wind angekündigt ist, entscheiden wir uns, JAZARA in die benachbarte Woolverstone Marina zu verholen. Wir erhalten einen idealen Platz mit kurzen Wegen und beschließen den Tag (nachdem wir die Verklaring in dem benachbarten neuen Clubhaus abgegeben haben) mit einem wohlverdienten Landfall Whisky.

Donnerstag 09.05.
Nach erholsamen Schlaf nimmt die gesamte Crew ein typisches englisches Frühstück (mit baked beans, Würstchen mit sägemehlartiger Füllung, gebratenem Speck und fetttriefenden Spiegeleiern) im Royal Harwich Yacht Club ein. Dabei blicken wir auf den malerischen River Orwell und auf Yachten, die im Sturm an Ihrer Muring zerren. Bewundernswert ist auch der Einsatz der Clubmitglieder, die das Frühstücksbuffet in Eigenregie betreiben, sowie eifrig versuchen, Tickets für das abendliche Barbeque auf der Wiese vor dem Club anzubieten. Wir schieben wegen der Wetterlage die Teilnahmeentscheidung auf und begeben uns, nachdem Jörg das Dreifarbenlicht durch wechseln der Kontakte im Masttop vorerst wieder zum Leuchten gebracht hat, auf Entdeckungstour.

Sabine und Uli streben nach Ipswich, Enrico, Jörg, Reinhold und ich folgen dem Lauf des River Orwell in östlicher Richtung. Uns eröffnet sich eine eindrucksvolle Landschaft. Rolling Hills, grüne Felder von Hecken durchzogen, aufgelockert durch knorrige mächtige Jahrhunderte alte Eichen. Idyllisch darin eingebettet sind klassizistische Herrenhäuser, die Ruhe ausstrahlen. Wir passieren ein in die Tidenzone gesetztes Hausboot, das von Urlaubern gemietet werden kann. Das Dorf Pin Mill durchwandern wir bei Hochwasser (die Uferstraße steht unter Wasser) und passieren viele urtümliche, in Behausungen umgewandelte Bargen (Wohnboote). Die meisten ausgeschmückt mit Ansammlungen von allen möglichen brauchbaren und unbrauchbaren Utensilien. Diese Wohnschiffe zeugen von einem individuellen Leben - very british. Im Verlauf des Mittags zeigt sich die Sonne, unterbrochen von schnell dahineilenden Wolken (Rückseitenwetter) und wir lenken unsere Schritte zum Pub „Butt and Oeyster“. Das Buffet des North Sea Clubs für eine Tagesmitgliedschaft von 30 GBP sparen wir uns. Bei einem Pint of Bitter und einem ploughmans lunch genießen wir die Atmosphäre genauso gut (und deutlich günstiger). Wir sind uns einig - es lohnt sich hierhin mit mehr Zeit zurückzukommen. Anschließend ziehen wir uns zu einer erholsamen Siesta auf JAZARA zurück.

Um 16 Uhr findet vor dem Clubhaus die Ergebnisverkündung statt. Vergeblich warten wir dabei auf Sabine und Uli, die dazu spätestens zurück sein wollten. Sie kommen verspätet und berichten eine unglaubliche Story. Ich mutmaße, Uli kommt sicher mit so etwas wie einem Dudelsack zurück (so geschehen in Edingburgh 2009), aber dazu später mehr. Die Restcrew reiht sich bei böigem, kühlen Wind, mit etwas Regen gemischt, in den niederländischen Seglerhaufen ein. Wir kaufen keine der wiederum angebotenen Tickets für das anschließende openair Barbeque .

Nach den üblichen Höflichkeitsadressen des veranstaltenden und des gastgebenden Clubs übernimmt Minheer F. Sluyter die Rolle des Conferenciers. Ein Cheergirl wird aus der Küche geholt und ein zotiges Vatertag ähnliches Szenario nimmt seinen Lauf. Auch unsere Nennung bei den Ergebnissen geht nicht ohne vulgäre Wortwahl ab. Wir werden als 4. unserer Gruppe genannt (Fakt war allerdings ein 3. Platz, da auf dem AIS der angebliche Dritte deutlich nach uns das Ziel passierte, aber das wurde trotz mit Fakten versehener Mitteilung an die Wettfahrtleitung ignoriert. Warum blieb uns verborgen). Ein stimmungsvoller Höhepunkt wird allerdings der von allen Anwesenden unter Anleitung des Conferenciers mehrstimmig und als Kanon gesungene Woolverstone-Blues.. Das lässt etwas das schlechte Wetter und die oben erwähnten Defizite vergessen. Später wird uns klar, wir sind auf einer Art jährlichen Spring Break des Scheveninger Yacht Clubs, bei dem wir zwar nicht als störend, so doch als verzichtbare Statisten betrachtet werden. Im Anschluss an diese erhellende Veranstaltung ziehen wir uns auch wegen des einsetzenden Dauerregens auf JAZARA zurück und können dort dann Sabine und Uli (tatsächlich mit einem neu erworbenen Instrument) willkommen heißen.

Sie strebten heute nach Ipswich und...…. verpassen knapp den Bus, der nur etwa stündlich fährt, und versuchen es per Anhalter. Gleich der zweite Wagen hält und nimmt sie mit. Ein Fiat Panda mit einem älteren, äußerst freundlichen und interessierten Vertreter der CHURCH OF ENGLAND: The Reverend Canon Jim Pendorf. Sie erfahren, dass seine Vorfahren aus Ostdeutschland stammen, werden nach ihrer Herkunft, ihren Interessen und ihrem Kinderreichtum befragt und unter philosophischem Austausch über die Veränderungen der kirchlichen Institutionen im Lauf der Zeit, zur Besichtigung des St. Nicholas Centre, dessen Gemeindevorsteher der Reverend ist, eingeladen.

Den Eingangsbereich bildet ein professionell geführtes Bistro. Der Kirchenraum ist mit Tischen und Stühlen ausgestattet; hier treffen sich unterschiedlichste Gruppen zu Seminaren, Freizeit und Sport. Die über 400 (!) Kirchen in Suffolk, von denen allein in Ipswich mehr als 20 (!) Stück stehen, werden mehr und mehr auch zu weltlichen Zwecken genutzt, was hier sehr deutlich wird. Nach der Führung werden sie zur nächsten Kirche entlassen. Die „St. Stephens Church“ beherbergt nämlich das Tourist Information Centre der Stadt! Auf dem Weg entdeckt Uli einen kleinen Musikalienladen, in dessen Schaufenster ihm eine kleine Gitarre ins Auge springt. Sie gehen in den Laden, Uli probiert dies und das Instrument und weiter geht der Gang durch die Stadt ohne den Gedanken an diese „eine schöne kleine Gitarre“ zu verlieren.
Sie besuchen Christchurch Mansion: Ein altes Herrenhaus aus der Zeit der Tudors mit original ausgestatteter Küche sowie Wohn- und Repräsentationsräumen mit interessanten alten und zeitgenössischen Kunstwerken. Das Teahouse im Erdgeschoss mit Garten und Blick in den Christchurch Park serviert ihnen carrotcake (Möhrentorte); eine unvergessliche kulinarische Köstlichkeit der Extraklasse! Gestärkt setzen sie die Besichtigung der Stadt durch diverse Geschäfte zum Erwerb von Souvenirs für sich und die Daheimgebliebenen fort.

Uli geht die Gitarre nicht aus dem Sinn, nach der er schon seit langem sucht, und spontan erwirbt er auf dem Rückweg „die Kleine sigma-guitar“ inkl. Rucksack. Auf dem Weg zur bus station, wo sie einen Bus zurück zur Marina nehmen wollen, kommen sie erneut am Parkplatz des St. Nicholas Centre vorbei und sehen den Reverend neben seinem Panda auf dem Parkplatz stehen.
Uli kombiniert: „Der hat jetzt Feierabend, vielleicht nimmt er uns wieder mit zurück“. Gesagt, getan, fragen kostet nichts, und der Reverend freut sich über ihren Tagesbericht und will sie gerne wieder mit zurück nehmen. Nur müsse er noch fünf Minuten auf seine Frau warten, die noch in der Stadt einkaufen sei. Wie Frauen so beim Einkaufen sind, wird aus den fünf Minuten mehr als eine dreiviertel Stunde, in der erneut ein angeregtes Gespräch im Panda entsteht und das erste Lied auf Ulis neuer Gitarre erklingt: „catch the wind“.
Miss Pendorf, per Anruf angespornt über Sabines smartphone, da sie das ihres Mannes dabei hatte, kommt mit viel „excuse me“ und vollen Tüten. Hocherfreut nette fremde Segler kennenzulernen, die sogar bereit sind, ihr die Segelyacht, mit der sie zur Insel übergesetzt sind, von innen zu zeigen. Das freundliche Paar bringt die beiden bis in die Marina zum Schiff zurück; mehr Service geht nicht. Nach der Besichtigung von JAZARA verabschieden wir uns und schauen den gastfreundlichen und etwas schrägen Eheleuten Pendorf auf ihrem Heimweg hinterher. Man trifft sich immer zweimal im Leben, schön wär´s.
Den Abend beschließen wir im Hafenrestaurant „Buttermans“ bei schmackhaftem Lamm mit Mintsauce (very british). Für unseren Konsum erhalten wir vom Haus diverse Essens- und Getränke-Gutscheine die auf JAZARA im Logbuch für den nächsten Suffolk-Törn eingelagert sind. Nach einem Absacker an Bord verarbeiten wir im tiefen Schlaf das Erlebte, ohne dass der Wind im Rigg uns stören könnte.

Freitag 10.05.

Am nächsten Morgen sammele ich die Wetteraussichten. Es soll um 10 Uhr der Start zurück nach Scheveningen erfolgen. Ein offizielles Regatta- und Wetter-Briefing findet nicht statt, da alles wohl „same procedure as last year“ ist; dumm nur für den Newcomer. Letztendlich da die Wetterinfos unter anderem SW 8-9 voraussagen, entscheide ich nicht zu starten und die Überfahrt zurück bei später angesagten abflauenden Winden dann direkt nach Ijmuiden vorzunehmen. Dadurch haben Enrico, Jörg, Reinhold und ich die einmalige Chance, basierend auf den vorliegenden Erfahrungen, Ipswich kennenzulernen. Sabine und Uli wenden sich Harwich zu. Wir besichtigen die eindrucksvolle, aufwendig sanierte Waterfront mit diversen tidenunabhängigen Yachthäfen, das historische Zentrum und das Christchurch Mansion. Das Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert mit Gemälden von Constable und Gainsborough.
Am frühen Nachmittag bekommen wir den Anruf von Sabine und Uli. Sie sind auch wieder mit freundlich angebotener Mitfahrgelegenheit (man sieht den beiden einfach an, dass sie gerne per Anhalter fahren, um Mitmenschen kennenzulernen) in Ipswich, da wegen des Sturms die Fähre nach Harwich eingestellt worden war. Wir treffen uns in einer Art „ Seniorentreff“, ein public restaurant, das wiederum in einer ehemaligen schmuckvollen Kirche, St. Lawrence, untergebracht ist. Hier wird für kleines Geld eine warme Mahlzeit für weniger betuchte Mitmenschen angeboten.
Anschließend suchen wir einen typischen, historischen Pub - The Dove - vom Fremdenverkehrsamt empfohlen - very authentic - auf. Dort erweitern wir unsere Bierkenntnisse (es sind etwa 60 verschiedene erhältlich). Wir halten uns an die vielfach prämierten Sorten. Da es am nächsten Tag definitiv losgehen soll, speisen wir am Abend an Bord und ruhen zeitig. Zuvor wird allerdings Jörg noch einmal in den Mast gehievt zur Revision der wieder nicht funktionierenden Dreifarbenleuchte.

Samstag 11.05.

Der Wetterbericht verspricht wie erwartet abflauende Winde 6-7 Bft. Nach einem kräftigen Frühstück segeln wir gegen 9 Uhr - etwas vor der Tide - los. Mit Genua 3 und Reff 1 kommen wir gut mit einigen Kreuzschlägen den River Orwell hinunter. Kaum fallen wir nach der Ausfahrt auf North Shipwash ab, meldet sich der lokale Wetterbericht mit der Warnung - soon SW 8-9 - (Das hätten wir am Tag zuvor auch haben können). Insgesamt bleibt die Situation aber für uns handig (einige Phasen mit 30 kn + bewältigen wir ohne Probleme), dafür ist auch unsere Reisegeschwindigkeit phänomenal (ETA Ijmuiden 06 Uhr). Wir passieren problemlos den Bereich North Hinder und kommen dann aber bei finsterer Nacht in den Strudel der auf das Maasgeul zu- und ablaufenden Frachter. Natürlich funktioniert das Dreifarbenlicht wieder nicht, aber die Vorteile unserer AIS-Präsenz werden deutlich. Wir können den Kurs aufkommender Schiffe eindeutig identifizieren und unseren Kurs darauf abstellen. Bei einer unklaren Situation können wir über VHF direkt Kontakt aufnehmen. Beruhigend sagt der Angerufene: „ I`m watching you already for a while, no worry keep your course I will continue to keep an eye on you“. Ein anderer ruft uns wegen unseres schlingernden Kurses (Seegang von achtern) beunruhigt an. Nach einer Schrecksekunde antworten wir und sorgen für Klarheit. AIS und VHF sind unter diesen Bedingungen wirklich unerlässlich.

Sonntag 11.05.

Unruhe macht sich an Bord erst wieder breit, als wir nach Abflauen auf 4 -5 und gegenlaufender Tide doch erst um 8 Uhr in Sichtweite der Molen von Ijmuiden den Motor starten wollen. Nicht einmal ein müdes Drehen des Anlassers resultiert. Nur ein Relais klackert. Diverse Handstartversuche - auch nach Einbeziehen des Kräftigsten (Uli geweckt aus der Freiwache) - sind ohne Erfolg. Es folgt der Ausbau einer Verbraucherbatterie (die nach der Nachtfahrt auch sicherlich nicht voll ist) verbunden mit der Demontage des fest verankerten Salontisches( siehe Bericht Rund Skagen 2009). Die Starterbatterie wird mit dieser Batterie parallel geschlossen, der Startknopf am Motorpaneel gedrückt und Uli als speed-Kurbel-man bei geöffneten Dekompressionshebeln eingesetzt. Erleichterung macht sich breit, als erst ein Zylinder zündet und anschließend nacheinander die weiteren. Danach ist alles ein Kinderspiel. Wir erreichen gegen 10 Uhr die Schleuse, fahren weiter zum Sixthaven, wo Jörg und Sabine abheuern. Der Rest testet die Magentoleranz in einem indischen Restaurant am Leidseplein.

Montag 12.05.

Unspektakulär aber genussvoll wird bei SW 4-5 nach Lelystadhaven gesegelt. JAZARA aufgeräumt und geputzt sowie um 15 Uhr die Heimfahrt per PKW angetreten - die Erde hat uns nach erlebnisreichen 392 sm zurück.

Fazit des Törns
Ein Teil der DNF (did not finish) Hypothek konnte getilgt werden.
Die Regatta war für „Uns Neue“ nicht besonders einladend organisiert.
Der River Orwell und die anderen Suffolk Häfen müssen unbedingt mit mehr Zeit (auch in Pubs) noch einmal aufgesucht werden.
Das Motor-Start Syndrom muss grundlegend therapiert werden (Inzwischen erfolgt mit neuer Batterie).
Dreifarbenlicht muss mit neuen Anschlüssen (korrosionssicherer) versehen werden.
AIS und VHF haben sich bewährt und sind unverzichtbar.


Hajo und Uli



North Sea Race

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