78. Nordseewoche mit "Rund Skagen"

25.05. - 02.06.2012



Prolog
2010 mussten wir die Regatta „Rund Skagen“ im Rahmen der Nordseewoche 2010 abbrechen, da auf der Höhe von Sylt bei schwerem Wetter der Kajüttisch aus seiner Halterung gerissen wurde und die im Tischfuß befindlichen Bordbatterien drohten, sich selbständig zu machen …
Daher wollten wir jetzt mit JAZARA einen neuen Anlauf nehmen.

1. Akt (Freitag, 25.05.12)
Wegen des Pfingstreiseverkehrs treffen Dieter und Martin erst verspätet gegen 15:30 am Pendlerparkplatz Ausfahrt Haltern der A43 ein, wo ich (Reinhold) zusteige, nachdem Moni mich gebracht hat. Bei teilweise zähem und stockendem Verkehr sind wir um 19 Uhr gar nicht mal so spät am Schiff: JAZARA liegt im Vorhafen von Hooksiel, wo Skipper Hajo, Werner und Heiner auf uns warten. Michael und Uli, die die Überführung von Lelystad hierher mitfuhren, haben abgemustert und fahren mit Hajo´s Auto nach Bochum zurück - und mit Martin´s Stiefel - dumm gelaufen. Ralf, der ebenfalls dabei war und sich schon gegen Mittag der Deutschen Bahn anvertraut hatte.
Hajo geht zur Steuermannsbesprechung, während wir uns einrichten. Anschließend Fisch zum Abendessen und Klönschnak und zeitig in die Kojen, da der Start zur Wettfahrt W4: Wilhelmshaven - Helgoland (die warum auch immer in Hooksiel startet) wegen der Tide schon um 07:00 ist. Bei auffrischendem Wind liegen wir äußerst unruhig mit knarzenden Fendern und ächzenden Leinen neben dem Fischtrawler „Zeeland´s Roem“ mit zwei Booten im Außenpäckchen.

2. Akt (Samstag, 26.05.12
Vor dem Wachwerden um 05:15 Wecken. Pünktlich um 07:00 Start der W4 zwischen Tonne H3 und Nord-Molenkopf der Ineos-Brücke. Mit frischem SE-Wind und ablaufendem Wasser geht es unter Spi am SB-Tonnenstrich entlang Richtung Nord die Jade abwärts. Positionskämpfe mit „Arrabiata“, die uns letztlich abhängt, aber auch schneller sein muss (Zeitfaktor 0,9975 zu 0,9737 für Jazara).
Bei schwächer werdendem Wind queren wir die Strandplate. Über Funk erreicht uns die Mitteilung, dass W4 an der Tonne A1 der Alten Weser gezeitet wird. Um 09:13:12 peilen wir A1 in rechtweisend 90 Grad. Tatsächlich - bald darauf schläft der Wind so gut wie ein - unter Groß und Motor Kurs 354° nach Helgoland, wo wir um 12:10 im Südhafen festmachen als 8. Schiff im Päckchen, das auf 20 Schiffe noch anwächst!
Nachmittags das Ergebnis: Wir sind knapp 3. Schiff in W4 hinter Arrabiata und Henny, einer Optima 101 mit Umrechnungsfaktor 0,9076, d. h. nur 90,76 % ihrer gesegelten Zeit zählen.
Um 18 Uhr sind wir zum Abendessen im Helgolandia im Unterland. Zwei Portionen Knieper (Taschenkrebs) als Vorspeise für uns sechs sind schon üppig und lecker! Daher schaffen nicht alle ihre Hauptspeise - Scholle Finkenwerder- und Büsumer Art, Rochenflosse oder Neptun-Platte.

Pfingstsonntag, 27.05.12
07:15 langsames Aufstehen, Frühstück, 08:30 Steuermannsbesprechung für „Rund Helgoland“, wenig Wind, rückdrehend aus 110 - 70°, 5 - 10 kn. Stündlich über UKW-Kanal 72 Startverschiebung. 10 - 12 Uhr Ausgabe der Live-Tracker von Yellow-Brick für „Rund Skagen“. Gerät in Alt-Handy-Größe, befestigt am Heckkorb, Akku betrieben, sattelitengestützt.
12:00 Abschuss der Regatta „Rund Helgoland“ wegen Flaute. Gesamte Crew macht Ausflug zur Düne, der Insel gegenüber Helgoland, die wir erstmalig besuchen - und das lohnt sich: am Nordstrand spielen Kegelrobben im flachen Wasser, ganz nahe bei badenden Menschen - man hat den Eindruck, die Robben wundern sich über diese plumpen Schwimmer, zu denen sich auch Heiner und Werner im Adamskostüm gesellen. Wanderung am Flughafen vorbei zum Südstrand, wo sich eine Robbe genüsslich am Strand rekelt - nur wenige Meter von den fotografierenden Menschen - die eigentlich 30 m Abstand halten sollten - wegen der scharfen Zähne der Robben.
Um 18 Uhr sind wir wieder im Helgolandia, die können auch Fleisch: Ein so gutes und zartes Filetsteak (min. 300 g) mit Champignons und Zwiebeln hatte ich lange nicht. Hhhhmmm.
Gegen 21 Uhr finden wir uns an der Nordseehalle ein, wo der Sponsor Pantaenius einen kompletten Ochsen am Spieß gratis verfüttert - enorm, wie sich die Mägen der Crew weiten können.

Pfingstmontag, 28.05.12
Um 11 Uhr wird der Proviant für Rund Skagen geliefert - Heiner hat großzügig eingekauft, aber schließlich ist alles verstaut. Um 12:30 sind wir zu viert im Freizeitbad Helgoland - herrlich! Schwimmen im Salzwasser, Massagestrahl aus fetter Brause, Whirlpool mit Blick auf Helgoland oder Nordsee - nur schön - und zugleich smalltalk mit dem „Backstagen-Manager“ der HASPA (Hamburger Sparkasse).
Steuermannsbesprechung für „Rund Skagen“ um 14 Uhr mit Wetter-Briefing durch Menno Schrader - der Wind wird kräftig zunehmen! Derweil wird die „Helgoländer Acht“ wegen Flaute abgeschossen - die schießen tatsächlich!
Zwischen 15 und 16 Uhr müssen alle Regattateilnehmer mit ihren Trysegeln durch ein Gate fahren - die Wettfahrtleitung legt Wert auf Sicherheit und will das auch demonstrieren.

3. Akt: Start „Rund Skagen“
Pünktlich dann um 16:30 unser Start in Gruppe 1 zu den über 510 sm rund Skagen nach Kiel. Gestartet wird von Nord nach Süd, an Tonne 3 vorbei, dann mit Spi zur Tonne Düne-Süd und dann Nord, immer am Rand des Naturschutzgebietes entlang. Dabei zieht dichter Seenebel auf, der den Auftakt gespenstisch gestaltet - glücklicherweise ist es damit hinter der Düne vorbei, die Sonne hat sich durchgesetzt. Dafür steigert sich der Wind, wie angekündigt, stetig auf 6 - 7 Bft aus NNW in der Nacht. Eine mächtige und ruppige Welle (4 m und mehr) schüttelt uns und alle anderen durch - Mayday-Rufe über Funk steigern die Anspannung: mal Wassereinbruch, Rippenbrüche, Herzrasen. Die ersten geben auf wegen Seekrankheit oder Materialschäden. Aber diesmal bleibt (anders als vor zwei Jahren) bei uns alles heil und wir kreuzen auf nach Horns Rev, wo wir um 09:42 am Dienstag die Bahnmarke Tonne West passieren. Bei sonnigem Wetter, aber kühlen 4 Bft laufen wir 330° bei NNE, passieren Hvide Sande mit großem Abstand und nähern uns immer mehr dem Küstenverlauf, dem wir soeben folgen können. Abends vorbei an Thyboren, dem Eingang zum Limfjord. immer weiter abfallend, lassen wir im Morgengrauen Hanstholm hinter uns.
Um 05:30 am Mittwoch geht der Spi hoch und mit Kurs 55° laufen wir entlang der Jammerbucht Richtung Hirtshals. Vor Hirtshals drehende Winde, kommen nur mühsam weiter. Endlich Skagen in Sicht! Kurz vor der Bahnmarke Nord-Tonne totale Flaute. Quälend langsam schiebt uns der Strom - zum Glück - an der Tonne vorbei, die wir um 18:30 recht weisend Süd peilen. Dann springt ein kräftiger Westwind an und wir rauschen unter Vollzeug bei bis zu 8,9 kn Richtung Süden an Laesö um Mitternacht vorbei durchs Kattegatt.
Den Windpark bei der Insel Anholt passieren wir im Morgengrauen des Donnerstags, dann bleiben Grena und Hjelm an SB zurück. Als Abkürzung fahren wir die schmale Rinne bei Veroe. Zwischen Fünen und Sjaelland segeln wir den Großen Belt zur gleichnamigen riesigen Brücke, die wir schon aus 30 Seemeilen Entfernung sehen - stundenlang. Endlich unterqueren wir um 16:50 die Brücke zwischen den Hauptpylonen - Durchfahrtshöhe 65 m! Weiter geht es zügig an Langeland lange entlang. Mit schwächelndem Wind bleiben wir beim Feuer Kelds Nor kurzfristig in einer Flaute liegen - 25 sm vor dem Ziel. Verzweiflung - aber urplötzlich springt ein frischer Westwind an und in rauschender Nachtfahrt geht es über die Kieler Bucht Richtung Ziel.
Nach passieren des Kieler Leuchtturms und der Untiefentonne Kleverberg an SB erreichen wir am Freitag um 02:25 die Ziellinie zwischen Molenkopf der Ostmole des Strander Hafens und den Leuchtfeuern Kiel-Schilksee - nach über 510 sm und nach 3 Tagen, 09 h, 55 min und 38 s.
Wir legen im Strander Hafen an, nach kurzer Suche, Liegeplätze sind keine reserviert. Glücklich stoßen wir auf das Erreichen des Zieles im 2. Anlauf an und fallen dann „tot“ in die Kojen - endlich ohne Ölzeug!

4. Akt
Nach dem wohltuenden Duschen zum gratis Regattafrühstück im Hafenrestaurant. Ein Frühstück mit Aussetzern: Mal fehlen Brötchen, mal Kaffee, dann Wurst oder Saft - aber nach und nach werden wir satt.
Am frühen Nachmittag werden Heiner und dann Werner von ihren Frauen abgeholt.
Vor Schilksee segeln die Optis bei 6 Bft, in Böen 8! Der Nachmittag vergeht mit Aufräumen und klar Schiff machen. Bei „Alexy´s“ essen wir alle leckere Seezunge mit Bratkartoffeln. Beim Verdauungsspaziergang beschließen wir um 21 Uhr spontan, JAZARA noch in den Yachthafen „Stickenhörn“ zu überführen, da der Wind nachgelassen hat.
22:45 liegt JAZARA in Box 1035 an der Außenmole.
Halbwegs ausgeschlafen frühstücken wir am Samstag um 08:30 ausgiebig - ein „Strammer Max“ stärkt uns für den Abreisetag. Es wird gepackt, geputzt und gelüftet. Um 11 Uhr bringt uns ein Taxi zu EUROPCAR im Kieler Zentrum. Das Gepäck passt überraschend gut in den Golf-Variant, der uns zügig ab 11:45 bis auf stockendem Verkehr am Elbtunnel zur Ausfahrt Haltern der A43 bringt. Nach vierstündiger Fahrt sind wir auf dem Parkplatz, den kurz darauf Moni ansteuert.

Epilog
Das Segelabenteuer „Rund Skagen“ ist erfolgreich beendet: 5. Platz in ORC 3/4 und noch besser: 7. Platz über alle 62 gestarteten Schiffe!
„Eine Langstrecke fehlt uns noch“, hatte Hajo während der Fahrt angemerkt: Das Colin-Archer-Memorial-Race von Lauwersoog nach Larvik (NOR), welches wir 1998 wegen schweren Sturmes abbrechen mussten.
Larvik, wir kommen 2014?!

Reinhold


Ergebnisse


Nordseewoche 2012

002 003 004 006
014 017 019 032
034 042 050 082
087 096 097 098
108 110_2 111 115
120 121 122 140
145 148 155 165
168 171 175 30052012386

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